Manmohan Singh: 10 Jahre indischer Premierminister – Eine Bilanz
Manmohan Singh, von 2004 bis 2014 Premierminister Indiens, hinterließ eine komplexe und vielschichtig zu bewertende Amtszeit. Zehn Jahre an der Spitze der größten Demokratie der Welt – eine Periode geprägt von wirtschaftlichem Wachstum, sozialen Herausforderungen und politischer Komplexität. Dieser Artikel beleuchtet seine wichtigsten Leistungen und Herausforderungen.
Wirtschaftliches Wachstum und Reformen: Die Erfolgsgeschichte?
Singh, ein renommierter Ökonom, trat sein Amt mit dem Versprechen an, Indiens Wirtschaft zu liberalisieren und zu modernisieren. Seine Regierung führte wichtige Reformen durch, die zu einem anhaltenden Wirtschaftswachstum führten. Die "India Shining"-Kampagne vor der Wahl 2004 hob diese Erfolge hervor.
- Liberalisierung des Dienstleistungssektors: Die Öffnung des Marktes für ausländische Investitionen und der Abbau von Regulierungen führten zu einem Boom im IT-Sektor und anderen Dienstleistungsbranchen.
- Investitionen in Infrastruktur: Massive Investitionen in Straßen, Schienen und Energieversorgung verbesserten die Infrastruktur des Landes und erleichterten das Wirtschaftswachstum.
- Bekämpfung der Armut: Programme zur Armutsbekämpfung, wie das National Rural Employment Guarantee Act (NREGA), wurden eingeführt, um Arbeitsplätze zu schaffen und das ländliche Einkommen zu steigern.
Trotzdem: Das Wachstum verteilte sich ungleich. Soziale Ungerechtigkeit und Armut blieben weit verbreitet, und die Kluft zwischen Reich und Arm vergrößerte sich. Die zunehmende Einkommensungleichheit wurde zu einer zentralen Kritik an Singh's Politik.
Herausforderungen und Kritikpunkte: Jenseits des wirtschaftlichen Erfolgs
Singh's Amtszeit war nicht frei von Kritik. Mehrere große Herausforderungen überschatteten die wirtschaftlichen Erfolge:
- Korruptionsskandale: Die Regierung wurde von einer Reihe von Korruptionsskandalen heimgesucht, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politik untergruben. Der 2G-Spektrum-Skandal ist hierfür ein besonders prominentes Beispiel.
- Inflation und steigende Lebenshaltungskosten: Die steigende Inflation und die damit verbundenen steigenden Lebenshaltungskosten belasteten die Bevölkerung, insbesondere die ärmsten Schichten.
- Fehlende Entschlossenheit bei Reformen: Kritiker bemängelten die zögerliche Umsetzung von notwendigen Reformen, insbesondere im Landwirtschaftssektor.
- Politische Schwäche: Singh's Regierung war eine Koalitionsregierung und litt unter innerparteilichen Konflikten und der Macht der einzelnen Koalitionspartner. Dies behinderte die Umsetzung wichtiger politischer Entscheidungen.
Außenpolitik und internationale Beziehungen: Ein vorsichtiger Kurs
In der Außenpolitik verfolgte Singh einen vorsichtigen Kurs, der auf regionaler Zusammenarbeit und multilateralem Engagement beruhte. Indien spielte eine immer wichtigere Rolle in internationalen Organisationen wie der G20. Die Beziehungen zu den USA wurden gestärkt, während die Beziehungen zu Pakistan von Spannungen geprägt blieben.
Fazit: Ein gemischtes Erbe
Manmohan Singh's zehnjährige Amtszeit als indischer Premierminister hinterließ ein gemischtes Erbe. Wirtschaftliches Wachstum und Reformen stehen im Kontrast zu anhaltender Armut, Korruptionsskandalen und politischer Schwäche. Seine Amtszeit zeigt die Komplexität der Herausforderungen, vor denen Indien steht, und die Schwierigkeiten, diese in einer so großen und diversen Demokratie zu bewältigen. Die Bewertung seiner Leistungen bleibt bis heute Gegenstand von Debatten und Analysen. Seine Zeit als Premierminister war entscheidend für Indiens Entwicklung, hinterließ aber auch Fragen, die bis heute relevant sind.